Julian Staib: Seine Reportage befasst sich mit beeindruckender Informationsfülle und einem tiefen Verständnis für soziale Veränderungen mit den derzeitigen Entwicklungen im Frankfurter Stadtteil Gallus. Von dem neu errichteten Europaviertel mit hochpreisigen Wohnungen ist auch das benachbarte traditionell multikulturelle Gallus betroffen. Julian Staib schildert die teils dramatischen Brüche in den Lebensverhältnissen der Bewohner sensibel, sachkundig und zugleich humorvoll. Selten wurde Frankfurt im derzeitigen Umbruch so treffend mit kritischer Empathie beschrieben.
Mit der Auszeichnung verbindet sich der Wunsch, dass Julian Staib sein journalistisches Engagement auch künftig auf die Geschehnisse in Hessen konzentriert und den Facettenreichtum des Landes einer breiten Öffentlichkeit näherbringt.
Timo Lindemann, Dr. Martina Rathke und Sandra Trauner: In ihrer Reportage über die ganz unterschiedlichen Wohn- und Lebensverhältnisse dreier Familien in Frankfurt am Main, Heyerode im Werra-Meißner-Kreis und Greifswald gelingt es den Autoren, den jeweiligen Mikrokosmos der Familien im Verhältnis von Stadt und Land auf prononcierte Weise darzustellen. Für jede Familie bedeuten Heimat und Lebensqualität etwas anderes. Teils folgen sie aktuellen demografischen Trends, teils bleiben sie bewusst ihren familiären Traditionen treu. So gewinnen die Leserinnen und Leser der Reportage wertvolle Einsichten in Ursachen und Folgen der derzeitigen Mobilität zwischen Stadt und Land.
Birgit Reuther: Die Autorin kennt sich mit den typischen Konflikten zwischen Naturschutz und ökonomischer Entwicklung offenbar sehr gut aus. Am Beispiel eines in Bad König im Odenwald geplanten Gewerbegebietes sondiert sie gründlich und kenntnisreich die Vor- und Nachteile, die divergierenden Interessen zwischen Erholungsqualität und Steuereinnahmen. Dabei kommen auch die Bedürfnisse der vielen Pendler in den Blick. Wie wichtig ein guter lokaler und regionaler Journalismus ist, zeigt ihr lebendiger Bericht über einen kleinen Dorfladen, der nach der Geschäftsaufgabe des Inhabers mit Hilfe der Dorfgemeinschaft von zwei Bewohnerinnen weitergeführt wird.
Zusammenarbeit von insgesamt 14 Journalistinnen und Journalisten des Gießener Anzeigers: In bislang wohl einmaliger Weise hat das Autorenteam in Interviews, Reportagen, Streitgesprächen, Hintergrundberichten, Expertenbefragungen und Archivrecherchen über die Lage und Pläne der Stadt Gießen berichtet. Dabei waren die Leserinnen und Leser aufgefordert, sich an dem facettenreichen Selbstporträt ihrer Stadt zu beteiligen. So entstand eine urbane Öffentlichkeit, in der – angeleitet vom Gießener Anzeiger – breit und bunt über die Geschichte der Stadt, ihre gegenwärtigen Vorzüge und Nachteile ebenso diskutiert wurde wie über ihre künftigen Pläne und Projekte. Dieses Projekt hat die Jury des Hessischen Journalistenpreises in besonderer Weise überzeugt und beeindruckt.
Johannes Vetter: Als teilnehmender Beobachter hat Johannes Vetter die Lage von Obdachlosen in Frankfurt am Main an unterschiedlichen Plätzen aus nächster Nähe miterlebt und in Sozialreportagen ohne die geringste Spur von Voyeurismus oder kurzzeitigem Mitleid geschildert. Er nennt Zahlen und Daten von Obdachlosen ebenso wie ihr jeweiliges besonderes Schicksal. Die erste Folge mit dem Titel „Nach dem Kotzen einen Schluck Wein“ überzeugte die Jury in ihrer Mischung aus Realismus und Empathie ganz besonders.
Wenn auf irgendjemanden die Bezeichnung „Radiolegende“ zutrifft, dann ist es Werner Reinke. Eine äußerst aktive Legende. Mit diversen nationalen und internationalen Zwischenstationen gehört er doch zu den prägenden, fest im akustischen Gedächtnis von Millionen Hörerinnen und Hörern verankerten Moderatoren des Hessischen Rundfunks.
777 Mal präsentierte er die „Hitparade International“; von 2002 bis 2008 moderierte er „hr3-extra am Samstag“. „Reinke am Samstag“ ist seit Januar 2009 auf hr1 zu hören. Seine vollkommen unaufgeregte, unverwechselbare Stimme flößt tiefes Vertrauen ein. Die Hörerinnen und Hörer profitieren aber auch von seinem phänomenalen musikalischen Wissen. Ganz sicher hat er sich den Ehrentitel „The Voice“ verdient.
Für seine Verdienste erhält Werner Reinke 2017 den Ehrenpreis des Hessischen Journalistenpreises. Mit dem Preis für sein bisheriges Lebenswerk ist die Hoffnung verbunden, dass seine Stimme im Radio noch lange zu hören sein wird und zum Facettenreichtum Hessens beiträgt.